Dark Music, Hard Sound
Mit dem *Glacialis Umbra Festival* ging 2025 ein neues Format an den Start, das sich bewusst klar positioniert: dunkle elektronische Musik, harte Sounds, Clubatmosphäre statt Großveranstaltung. Kein Open-Air, kein Überangebot, sondern zwei Festivaltage in zwei Locations – nah an der Szene, nah an den Bands, nah am Publikum.
Dass ein neues Festival nicht ohne Reibung startet, gehört dazu. Entscheidend ist, wie sich ein solches Format anfühlt. Und genau hier konnte Glacialis Umbra bereits bei seiner Premiere überzeugen: durch Nähe, Offenheit und eine spürbar familiäre Grundstimmung, die sich über beide Tage zog – wenn auch unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen.
Tag 1 – Shadow Leverkusen
Der erste Festivaltag des Glacialis Umbra fand im Shadow Leverkusen statt – einer Location, die in der Szene seit Jahren einen exzellenten Ruf genießt. Technisch wie atmosphärisch zeigte sich schnell, warum: sehr guter Sound, starke Beleuchtung und ein Raum, der elektronische Musik tragen kann.
Die Stimmung war von Beginn an ausgesprochen gut, fast euphorisch. Allerdings zeigte sich früh auch die Kehrseite des Erfolgs: Es war sehr voll. Teilweise an der Grenze dessen, was noch angenehm ist. Dennoch blieb die Atmosphäre durchgehend positiv. Die Enge bündelte die Energie, statt sie zu bremsen.
Electronic Frequency
Den Auftakt machten Electronic Frequency. Ein Set, das genau das tat, was es tun musste: den Raum öffnen und das Publikum abholen. Klare Strukturen, treibende Rhythmen, ein Sound, der sofort in die Beine ging. Die Tanzfläche füllte sich schnell, erste Bewegungen setzten ein, das Festivalgefühl stellte sich ein.
Electronic Frequency lieferten einen souveränen Einstieg ohne Umwege – kein großes Spektakel, aber ein sauberer Start, der den Abend ins Rollen brachte.
Antibody
Mit Antibody wurde es spürbar kompromissloser. Härtere Sounds, aggressivere Strukturen, mehr Druck. Die Band brachte eine deutlich kantigere Note in den Abend und zog die Aufmerksamkeit des Publikums sofort auf sich.
Der Sound passte perfekt in den Raum, die Energie übertrug sich direkt. Antibody wirkten fokussiert und präsent – ein Auftritt, der zeigte, wie gut härtere elektronische Spielarten im Shadow funktionieren können, wenn Technik und Raum zusammenspielen.
NoLongerHuman
NoLongerHuman waren bereits am ersten Festivaltag ein klarer Fixpunkt. Seit 25 Jahren aktiv, 2000 von Clint Robertson gegründet, stehen sie für tanzbare Beats, gescreamten Gesang und aggressiv klingende Synths. Dass die Band extra aus den USA angereist war, verlieh dem Auftritt zusätzliches Gewicht.
Der Zuspruch im Publikum war deutlich spürbar. Viele kannten die Band, viele feierten sie sichtbar. Die Performance wirkte routiniert, druckvoll und getragen von einer treuen Fanbasis. NoLongerHuman zeigten eindrucksvoll, warum sie über Jahrzehnte hinweg relevant geblieben sind.
Intent:Outtake
Mit Intent:Outtake blieb das Niveau hoch. Der Sound war hart, direkt und ohne Schnörkel. Treibende Sequenzen, aggressive Elemente und ein konsequent nach vorne gehender Aufbau sorgten dafür, dass die Tanzfläche nicht leer wurde.
Intent:Outtake passten hervorragend in den dramaturgischen Verlauf des Abends: kein Bruch, sondern eine konsequente Weiterführung der Intensität. Das Publikum reagierte entsprechend – konzentriert, bewegt und voll dabei.
Rotersand
Den Abschluss des ersten Festivaltages bildeten Rotersand – und damit ein spürbarer Stimmungswechsel, ohne den Drive zu verlieren. Melodischer, zugänglicher, aber keineswegs weich. Rotersand verstanden es, Atmosphäre und Tanzbarkeit miteinander zu verbinden.
Die Tanzfläche blieb voll, die Reaktionen waren eindeutig. Viele Gäste nutzten das Set, um noch einmal alles herauszuholen. Rotersand lieferten einen runden, stimmigen Abschluss für einen ersten Festivaltag, der technisch wie atmosphärisch überzeugte.
Der erste Tag im Shadow Leverkusen setzte eine hohe Messlatte. Sehr guter Sound, starke Beleuchtung, ein dichtes, aber positives Publikum und ein Line-up, das konsequent funktionierte. Trotz der Enge blieb der Abend kontrolliert, fokussiert und von einer spürbar wertschätzenden Stimmung getragen.
Ein Auftakt, der zeigte, welches Potenzial im Glacialis Umbra Festival steckt.
Impressionen
Tag 2 – Club Trafic Köln
Eine Woche später folgte der zweite Festivaltag im *Club Trafic in Köln*. Eine deutlich kleinere Location, schätzungsweise für 300 bis 400 Personen ausgelegt – und an diesem Abend bis an ihre Grenzen gefüllt.
Der Start verlief chaotisch. Verkehrschaos in Köln, gesperrte Strecken, Stillstand auf der A1. Aus einer geplanten Stunde Anreise wurden fast drei. Damit waren viele Besucher*innen nicht allein. Der Veranstalter reagierte umsichtig und verschob den gesamten Ablauf um eine Stunde nach hinten – eine Entscheidung, die vielen den Abend überhaupt erst ermöglichte.
Gegen 17 Uhr ging es schließlich los.
Phosgore
Phosgore eröffneten den Abend und machten sofort klar, wohin die Reise gehen sollte. Seit 17 Jahren liefern die beiden kompromisslosen, düsteren Techno mit Industrial-Schlagseite – laut, direkt und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten. Nach langer Pause gibt es auch wieder ein neues Album, was dem Set zusätzliche Aktualität verlieh.
Trotz Erkältung wurde von der Bühne mit voller Intensität geschrien. Der Sound drückte nach vorne, die Außentemperaturen waren innerhalb kürzester Zeit vergessen. Ein tanzwütiges Publikum brachte den Raum schnell auf Betriebstemperatur. Zu „Fuck You…" wurden sogar kleine Geschenke verteilt – Gummibärchen, passend zum Track. Ein Cover von *„Rhythm Is a Dancer"* sorgte kurzzeitig für 90er-Jahre-Feeling und zeigte, dass Spaß und Härte sich nicht ausschließen.
Auffällig war auch hier das gemischte Publikum. Neben vielen langjährigen Szeneangehörigen waren auch jüngere Besucher*innen anwesend – ein schönes Zeichen dafür, dass dunkle elektronische Musik keineswegs ausstirbt.
NoLongerHuman
Mit *NoLongerHuman* stand anschließend eine echte Szenegröße auf der Bühne. Seit 25 Jahren aktiv, 2000 von Clint Robertson gegründet, verbindet die Band tanzbare Beats mit gescreamtem Gesang und aggressivem Keyboard-Sound. Extra für Glacialis Umbra waren sie aus den USA angereist – und nicht wenige Fans gleich mit.
Obwohl NoLongerHuman bereits am ersten Festivaltag im Shadow gespielt hatten, wurden sie im Trafic erneut intensiv gefeiert. Die Loyalität des Publikums war deutlich spürbar.
Devil-M
Mit *Devil-M* folgte das Kontrastprogramm des Abends. Gegründet 2006 von Astharat, brachten sie Schlagzeug, Gitarren und Bass auf die Bühne. Endlich Gelegenheit zum Headbangen. Musikalisch traf Metal auf Horrorfilm-Atmosphäre mit Industrial-Einschlag, optisch bewegte sich die Band irgendwo zwischen Chaoskultisten und Fantasy-Bösewicht.
Mir persönlich gefiel das Set sehr gut. Das überwiegend elektronische Publikum reagierte allerdings eher zurückhaltend. Schade – Devil-M hätten mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt.
Grendel
Als vorletzte Band des Abends betraten *Grendel* die Bühne. Eine Band, die seit dem Jahr 2000 zur Szene gehört und entsprechend routiniert agiert. Der Start war von technischen Problemen geprägt. Zwischen den Songs wurde viel gesprochen, teilweise musste man hoffen, dass die Technik den nächsten Track mitmacht. Sobald es lief, lief es jedoch – und für viele blieb Grendel trotz der Schwierigkeiten eines der Highlights des Tages.
Centhron
Zum Abschluss folgte *Centhron*, die Band, auf die viele gewartet hatten. Auffällig war, dass sich bereits nach Grendel etwa ein Drittel der Gäste verabschiedet hatte. Für die verbliebenen Fans bedeutete das vor allem eines: mehr Platz zum Eskalieren.
Man merkte dem Publikum an, dass die Ausladung beim kommenden Etropolis noch immer nachwirkte. Die Vorfreude während des Umbaus war entsprechend hoch. Centhron lieferten ein druckvolles, stabiles Set mit bekannten Gassenhauern wie *„Cunt"* und *„Pornoqueen"*. Band und Publikum brachten den Keller zum Kochen.
Das Set dauerte beeindruckende 90 Minuten – und hätte gern noch länger gehen dürfen. Zum Abschluss versammelten sich noch einmal alle Bands und die Veranstalter auf der Bühne und beendeten den Abend gemeinsam mit dem Weihnachtslied *„Krampus"*.
Zwischen den Auftritten wurden auf der Bühne Blumensträuße verteilt und allen Beteiligten für ihr Engagement gedankt. Ohne diesen Einsatz wären diese beiden intensiven Festivaltage nicht möglich gewesen.
Gegen Mitternacht endete der Live-Teil. Wer wollte, blieb noch zur Aftershow-Party und machte die Nacht zum Tag.
Fazit – Ein Festival mit Fundament für die Zukunft
Das Glacialis Umbra Festival war keine perfekte Premiere – und wollte es auch nicht sein. Es war ein ehrlicher Start mit klaren Stärken und erkennbarem Verbesserungspotenzial.
Der erste Tag im Shadow Leverkusen zeigte, wie gut dieses Konzept funktionieren kann, wenn Technik, Raum und Publikum zusammenspielen. Der zweite Tag machte deutlich, wo nachjustiert werden muss – insbesondere bei Licht und Technik –, bewies aber gleichzeitig, wie viel Wohlwollen ein familiäres, szenenahes Umfeld erzeugen kann.
Was bleibt, ist der Eindruck eines Festivals, das nicht auf Größe setzt, sondern auf Nähe, nicht auf Perfektion, sondern auf Leidenschaft. Bands, Publikum und Veranstalter begegneten sich auf Augenhöhe. Ein Anfang ist gemacht. Und er fühlt sich richtig an.