Logbuch einer schwarzen Minikreuzfahrt

1. Logbucheintrag:
11:00 Uhr, Köln. Die Sonne scheint. Ein paar Wölkchen am Himmel. Leichter Wind bei kalten Temperaturen. Und die Kölner am Rheinufer? Die haben sich längst an die finsteren Gestalten gewöhnt. Es ist wieder an der Zeit für eine außergewöhnliche Schifffahrt, eine Kreuzfahrt der besonderen Art: Die USF Cruise Herbstedition, diesmal mit einem Hauch von Gitarrenmusik.
2. Logbucheintrag:
Um 12 Uhr stechen wir in See oder besser gesagt in den Fluss. Vorbei an Köln Richtung Bonn. Der Seegang auf dem Rhein ist ruhig. Doch nicht zu lange auf dem Oberdeck verweilen, denn um 13 Uhr geht es los mit dem ersten Konzert.​​​​​​​
Heldmaschine
Die Band Heldmaschine ist eine wahre Perle in der Welt der Neuen Deutschen Härte (NDH), und das seit ihrer Gründung im Jahre 2009. Ursprünglich bekannt geworden als Rammstein-Coverband "Völkerball," hat die Heldmaschine bald ihren eigenen Namen erobert. Die Gründerväter, allen voran René Anlauff, ehemaliger Gitarrist von Megaherz, haben eine einzigartige Mischung aus kraftvollen Riffs, elektronischen Klängen und eingängigen Melodien geschaffen, inspiriert von der goldenen Ära der deutschen NDH-Szene der 90er Jahre. Ihr Debütalbum "Weichen und Zunder" aus dem Jahr 2012 erntete begeisterte Kritiken und markierte ihren triumphalen Eintritt in die deutsche Musikszene.
In den darauffolgenden Jahren veröffentlichten sie weitere Alben wie "Propaganda" (2014), "Lügen" (2015), "Himmelskörper" (2016) und "Im Fadenkreuz" (2019). Vor Kurzem erst ist ihr neuestes Werk, "Flächenbrand," erschienen. Die Band ist bekannt für ihre atemberaubenden Live-Auftritte, bei denen aufwändige Bühnenshows und Pyrotechnik an der Tagesordnung sind. Auf dem Rheindampfer ging es aber weniger spektakulär zu. Heldmaschine hat eine treue Anhängerschaft sowohl in Deutschland als auch international erobert. In ihren Texten setzen sie sich oft kritisch mit sozialen und politischen Themen auseinander, wobei sie geschickt zwischen scharfsinnigen Metaphern und direkten Aussagen balancieren. Ihre Musik wird oft als die perfekte Mischung aus harten Gitarrenriffs, elektronischen Klängen und pulsierenden Beats beschrieben, die ihre Wurzeln im deutschen Industrial Metal nie vergessen. Mit ihrer einzigartigen Bühnenpräsenz schaffen sie eine intensive Verbindung zu ihrem Publikum und sind zweifellos eine der beeindruckendsten Live-Bands in der NDH-Szene. Und so zogen sie auf auf dem Rhein die Zuschauer des Unterdecks mit alten und neuen Songs in ihren Bann und das Schiff erzeugte bei "Springt!" einen Seegang im Takt des Basses im Rhein:
- Flächenbrand
- Hast du Angst
- Mit dir will ich untergehen
- Sein oder nicht sein
- Luxus
- Stumme Schreie
- Das Argument
- Übermensch
- Springt!
- Where is my mind
- Tunnelblick
- R
Leider ging das erste Set viel zu schnell vorbei. Während das "R" noch rollend in der Seeluft lag, begann die Umbaupause für die nächste Band. Wir blieben in der NDH. Nach der Heldmaschine kamen die Stahlmänner.
Stahlmann
Stahlmann, eine weitere Größe in der Welt der Neuen Deutschen Härte, trat als Rettung ein, als die ursprünglich geplante Band Unzucht leider absagen musste. Ein herzlicher Genesungswunsch an dieser Stelle an Daniel De Clercq. Doch dieser Wechsel sorgte auch für einen der wohl ungewöhnlichsten Momente des gesamten Events. Mitten in ihrem Konzert rief Mart, der Sänger von Stahlmann, einfach mal kurz Daniel "Schule" Schulz, den Sänger der Unzucht, per Videocall an. Dieser heizte die Menge mit dem bekannten unzüchtigten "macht mal Krach" noch weiter an. So eine Aktion haben wir auch noch nicht erlebt. Aber Mart ist halt immer für eine Überraschung gut.
Die 2008 gegründete Band Stahlmann ist berühmt für ihren harten Industrial-Metal-Sound und eingängige Melodien. Martin Soer, ursprünglich als Solokünstler tätig, und Alexander Scharf gründeten die Band und ließen bereits 2010 ihr Debütalbum "Stahlmann" auf die Welt los. Dieses Album war eine geballte Ladung aggressiver Gitarrenriffs und kraftvoller Rhythmen, die ihnen sofort einen Platz in der NDH-Szene sicherten.
In den Folgejahren veröffentlichten sie weitere Alben wie "Quecksilber" (2012), "Adamant" (2013), "CO2" (2015), "Bastard" (2017), "Kinder der Sehnsucht" (2019) und "Quarz" (2021). Stahlmanns Markenzeichen ist ihre mitreißende Live-Performance, bei der sie das Publikum gnadenlos in ihren Bann ziehen. Trotz der düsteren Klanglandschaften schaffen sie es, eingängige Refrains und Texte zu präsentieren. Diese behandeln oft Themen wie Liebe, Verlust, Schmerz und das Leben in der modernen Welt. Stahlmann ist einzigartig, weil sie Elemente aus Industrial Metal, Elektro und Hard Rock zu einem intensiven musikalischen Erlebnis verschmelzen. Und so war auch die Setlist auf dem Dampfer nicht langweilig:
- Willkommen in der Dunkelheit
- Stahlmann
- Kinder der Sehnsucht
- Adrenalin
- Hass mich, lieb mich
- Der Schmied
- Engel der Dunkelheit
- Faust zum Himmel
- Stahlwittchen
- Teufel
- Spring nicht!
- Tanzen
- Schwarz
- Plasma
- Tanzmaschine
- Nichts spricht wahre Liebe frei
Erneut ächzte der Stahl des Schiffes und erzeugte Seegang als Stahlmann die Menge, diesmal aber bei "Spring nicht!", zum Springen aufforderte. Auch dieses Set verging wie im Flug. Nun war es Zeit für das "Landgang-Abenteuer".
3. Logbucheintrag:
16:15 Uhr - Königswinter: Ein beschauliches kleines Städtchen, was nach dem Umzug der Bundeshauptstadt geradezu verlassen scheint. Doch an diesem beschaulichen Samstag überschwemmten schwarze Gestalten die Stadt, zur Verwirrung einiger Passanten und zur Freude der Mitreisenden. Einige blieben an Bord, bevorzugten das Oberdeck und ein kühles Getränk. Königswinter bot während des Landgangs zahlreiche Möglichkeiten. Man konnte Wanderwege erkunden, lokale Köstlichkeiten genießen oder einfach das Wetter in vollen Zügen genießen. Eine Wanderroute wurde sogar über die Social-Media-Kanäle des Veranstalters geteilt. Ein leichter Regenschauer konnte die Stimmung nicht trüben, denn alle wurden trotz geschlossenem Saal ins Trockene gelassen.
4. Logbucheintrag:
Pünktlich um 19:30 Uhr hieß es wieder "Leinen los". Nach dem kurzen Landgang und einer Umbaupause begann die Rückreise. Während das Schiff die Richtung änderte, konnte man einen weiteren Blick auf den "Drachenfels" erhaschen – ein beliebtes Ausflugsziel mit Natur, Geschichte und atemberaubender Aussicht. Leider war das Schwiegermutter-Denkmal in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Dies war auf der Frühjahrsversion der Kreuzfahrt noch deutlich besser. Diesmal gab es mehr als genug Getränke an Bord, während bei der ersten Fahrt in diesem Jahr in Königswinter alles Bier von den Seefahrern schon ausgetrunken war. Auch die Auswahl an Speisen war für ein Festival wirklich überzeugend, nicht nur geschmacklich, sondern auch preislich. Doch zurück zu den Konzerten.
Erdling
Die Band Erdling, 2015 gegründet, ist eine einzigartige Fusion von elektronischen Elementen und rockigen Sounds. Bandgründer Neill Devin, ein ehemaliges Mitglied von "Eisbrecher," verbindet eingängige Melodien mit kraftvollen Riffs. Ihr Debütalbum "Aus den Tiefen" aus dem Jahr 2016 erhielt begeisterte Kritiken für seine Kombination aus tiefgründigen Texten und energetischen Klanglandschaften. Seitdem ziehen sie eine stetig wachsende Fangemeinde in ihren Bann, sowohl in Deutschland als auch international. Ihr Stil vereint die Neue Deutsche Härte mit Elektro und Industrial Metal. Die Texte spiegeln oft eine introspektive und kritische Herangehensweise an persönliche und gesellschaftliche Themen wider:
INTRO
BESTIA
BLITZ UND DONNER
DU BIST SOLDAT
ABSOLUTUS REX
GÖTTERDÄMMERUNG
SUPERNOVA 
UND DIE ERDE SINGT
KHAOS
WEISSGLUT
EIS UND FEUER
PHOENIX
LEUCHTFEUER
ÜBER BORD
MEIN ELEMENT
OUTRO - JEREMY SOULE - FAR HORIZONS
Nach den Erdlingen kamen die Lords.
Lord of the Lost
Lord of the Lost, 2007 in Hamburg gegründet, ist eine Koryphäe im Dark-Rock. Die Band verbindet Elemente aus Dark Rock, Metal, Industrial und Gothic zu einem kraftvollen musikalischen Erlebnis. Ihre energetischen Live-Auftritte, begleitet von aufwändigen Bühnenshows und skurrilen Outfits, sind legendär. Frontmann Chris Harms führt die Band mit seiner unverwechselbaren Stimme und einer beeindruckenden Bühnenpräsenz. Die Band hat im Laufe der Jahre eine treue Fangemeinde aufgebaut, sowohl national als auch international, dank ihrer kraftvollen Musik und kreativen visuellen Darstellungen. Auf dem Dampfer spielten sie eine Auswahl durch ihre musikalische Geschichte:
THE CURTAIN FALLS
MORGANA
KILL IT WITH FIRE
NO RESPECT FOR DISRESPECT 
THE FUTURE OF A PAST LIFE 
DRY THE RAIN 
UNDER THE SUN
ABSOLUTE ATTITUDE
AND IT WAS NIGHT
THE GOSPEL OF JUDAS
DESTRUCTION MANUAL
FULL METAL WHORE
BLOOD FOR BLOOD
RESET THE PRESET
LEAVE YOUR HATE IN THE COMMENTS
LORELEY
DIE TOMORROW
BLOOD & GLITTER
ONE LAST SONG
Ein beeindruckendes Finale für einen Tag voller Musik und familiärer Atmosphäre.
5. Logbucheintrag:
Wir sind zurück. Das Schiff legt gegen 23:00 Uhr in Köln an. Die Seefahrer gehen von Bord. Doch schon bald steht die nächste Fahrt der Rheinpiraten an. Im Frühjahr 2024 werden Alienare, Solitary Experiments, Solar Fake und Blutengel das Schiff zum Schwingen bringen. Dann wird es wieder elektronischer. Aber in der schwarzen Szene sind wir ja bekanntlich flexibel und breit aufgestellt. Wir freuen uns schon auf die nächste Reise auf der MS Rheinenergie. 
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